Besonders wichtig ist mir persönlich in der Arbeit mit Dir, dass Du meine grundsätzliche Haltung kennst:
ADHS ist grundsätzlich ein besonderer Wahrnehmungs- und Reaktionsstil. Wenn du ADHS hast, wirst Du in der Fachsprache "neurodivergent" genannt. Das bedeutet, du stellst einfach nur einen anderen Bezug zur Welt her, als ein "neurotypischer" Mensch.
Als ADHS-betroffene Person kannst Du zu außerordentlicher Kreativität befähigt sein, und innovative und außergewöhnliche Lösungswege finden. "Thinking out of the box" ist für Dich vermutlich eine ganz intuitive Strategie; wenn Du spontan und reaktionsschnell ungewöhnliche Wege gehst, fühlst Du Dich vermutlich sicherer als wochenlange Planungen aufzusetzen. Bei Interesse an einer Tätigkeit kannst Du zu punktgenauen Höchstleistungen fähig sein und mit Deiner Flexibilität bist Du für viele andere Menschen Vorbild, vielleicht hast Du das aber noch nie bemerkt oder nie dieses Feedback bekommen.
Nun dürfen wir nicht außer Acht lassen, dass durch verschiedene Umstände, ungünstiges Feedback von Außen, oder evtl. schlicht die Tatsache, dass oben genannte Befähigungen und Talente unentdeckt oder "vergraben" sind, schwerwiegende Belastungen und Sorgen und Nöte entstehen können. Besonders wenn Du eine Frau bist, kann es leider sein, dass du gar nicht oder fehldiagostiziert wurdest. Die ADHS-Symptome können bei Frauen besonders sein und sehr schwer zu anderen Störungsbildern abzugrenzen, selbst für Fachpersonen keine einfache Aufgabe. Kuck gern weiter unten auf dieser Seite, wenn dich die weibliche Besonderheiten zur ADHS interessieren! Wenn Du auf dieser Seite Informationen suchst, weil Du dich belastet fühlst, schreib mir oder ruf an - auch wenn ADHS immer seit Kindesalter besteht - können wir im Erwachsenenalter noch sehr viel tun. Du musst nichts "hilflos aushalten".
Vor allem nicht alleine!
Im nächsten Absatz möchte ich drauf eingehen, wie genau das "wir können noch viel tun" aussehen kann.
Je nach Belastungsgrad der ADHS kann als Therapieempfehlung die medikamentöse Therapie und / oder die Psychotherapie genannt werden. Die Notwendigkeit einer Behandlung der ADHS hängt maßgeblich davon ab, wie stark Du als betroffene Person in Deinem Leistungsvermögen und in Deinem Sozialleben beeinträchtigt bist und welchen Leidensdruck die Symptome verursachen. Sollten nach der Diagnose die Symptome in Alltag und / oder Beruf sehr einschränkend sind, kann eine Behandlung erfolgen, ebenso gilt eine Behandlungsempfehlung wenn Deine Partnerschaften regelmäßig zerbrechen oder deine familiäre Situation dauerhaft belastet ist. Vielleicht ist Dein Kind diagnostiziert (Stichwort hohe erbliche Genese, dh Dein Kind hat es vermutlich von Mama oder Papa - rechne Dir die Wahrscheinlichkeit mal aus :o). Für eine Behandlung spricht auch, wenn Deine innere Unruhe oder Überforderung so massiv ist, dass zur Entspannung Alkohol oder andere Substanzen konsumiert werden oder du manchmal denkst, es überfordert Dich alles so so sehr, dass Du völlig verzweifelt bist. BITTE hole Dir dann sofort HILFE!
Als wichtigstens Element der Psychotherapien gelten aktuell verhaltenstherapeutische Konzepte. In der Verhaltenstherapie können mitunter Aspekte der ADHS beeinflusst werden, die zum Beispiel von der medikamentösen Therapie weniger gut erreicht werden. So kannst Du hier erlernen, nachhaltige Problemlösestrategien zu entwickeln, die bei der Bewältigung der verursachten Symptomatik helfen. Auch die Akzeptanz bereits bestehender und nicht veränderbarer Konsequenzen kann ein definiertes Ziel unserer therapeutischen Sitzungen sein, ebenso eine Verbesserung Deines Selbstbildes, oder Dich emotionale zu ent-lasten. Ansatzpunkte können auch Stressmanagement, Hilfe bei Stimmungsregulation und Impulskontrolle sein und ganz konkrete Strukturierungshilfen, Selbstorganisation und Konzentrationsmanagement.
Wir kucken gemeinsam, was DU am meisten brauchst und willst!
Selbstverständlich begleite ich Dich auch bei Erkrankungen, die oft begleitend auftreten, wie Depressionen, Anpassungs- oder Angsterkrankungen, Schlafstörungen und Erschöpfungszustände - therapeutisch oder beratend. Auch je nachdem was DU brauchst!
WENN DU NOCH EIN PAAR ALLGEMEINE INFORMATIONEN UND BISSCHEN FACH-CHINESISCH ZUR ADULTEN ADHS MÖCHTEST:
ADHS, das Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätssyndrom nennt unser Klassifikationssystem eigentlich "Hyperkinetische Störung", die eine neuronale und mentale Entwicklungsstörung mit Beginn im Kindes- und Jugendalter ist. Dass sich ADHS nicht grundsätzlich "verwächst", wie man lange Zeit annahm, konnte in zahlreichen Studien bereits in den 1990-er Jahren aufgezeigt werden. Ca. zwei Drittel der Betroffenen zeigt noch im Erwachsenenalter Symptome; bei 45,7% persistierte sogar das klinische Vollbild einer ADHS bis in das Erwachsenenalter.
Nicht immer, aber in vielen Fällen treten weitere Probleme auf, z. B. Störungen der Affektregulation, Substanzmissbrauch, Störungen des Selbstkonzepts und der Interaktion. Diese Bereiche können sich zum Teil als komorbide Störungen manifestieren, das heißt viele Betroffene erhalten erst dann psychologische oder psychiatrische Hilfe, wenn sie sich aufgrund einer Depression oder Angststörung oder sonstigen Belastungen vorstellen und noch gar nicht wissen, dass sie von ADHS betroffen sind.
Die Symptomatik einer ADHS im Erwachsenenalter ist sehr vielseitig und unterscheidet sich nicht nur bezüglich der Symptomatik vom Kinder- und Jugendalter, sondern auch hinsichtlich des Geschlechts. So kann die Ausprägung der noch vorhandenen Einschränkungen im Alltag der betroffenen Erwachsenen enorm und quälend sein, aber auch nur als ein diffuses "alles ist irgendwie anstregend, ich fühle mich überfordert" wahrgenommen werden. Häufig erleben wir, dass die Hyperaktivität und Impulsivität von außen betrachtet abnimmt, tatsächlich wird sie allerdings meist jedoch internalisiert. Dies kann sich als Gefühl von Rastlosigkeit oder innerer Unruhe bemerkbar machen, während hingegen die Aufmerksamkeits- und Konzentrationsproblematik meist im Laufe des Lebens recht konstant erhalten bleibt. In einer extremen Ausprägung kann sich dies als dauerhaft ineffektives Arbeitsverhalten zeigen, Arbeitsverhältnisse oder Ausbildungen / Studiengänge können nicht aufrecht erhalten oder zuende gebracht werden, werden zum Beispiel übermäßig häufig gewechselt, Süchte und Abhängigkeiten können entstehen oder es zeigen sich wiederholte berufliche oder familiäre / partnerschaftliche Konfliktsituationen.
FRAUEN UND DIE ADULTE ADHS:
ADHS oder ADS (= vorwiegend unaufmerksame Typ des Krankheitsbildes, leidet weniger an Hyperaktivität, im Folgenden spreche ich nur noch vom Begriff "ADHS") wird bei Frauen oft später diagnostiziert als bei Männern. Während Männer häufiger durch Hyperaktivität und Impulsivität auffallen, zeigen Frauen oft eher unauffällige (aber ebenso beeinträchtigende) Symptome. Häufig werden sie als Mädchen oder Jugendliche gar nicht diagnostiziert, als "Träumerchen" oder einfach ein bisschen "schusselig" und "verplant" abgetan. Das Bild der ADHS wird in ihnen gar nicht wahrgenommen, weil viele Bezugspersonen und Pädagogen unter ADHS schlichtweg immernoch einzig und allein den Zappelphilipp, das extrem auffällige, weil laute, schwierige und impulsive Kind verstehen.
ADHS-Symptomatik kann bei bei Frauen auch so aussehen:
- Viele ADHS-betroffene Frauen versuchen es allen Menschen rechtzumachen, sie wollen helfen und gebraucht werden. So können viele der Betroffenen schlecht „Nein“ sagen, haben Schwierigkeiten mit der eigenen Abgrenzungsfähigkeit. Dabei kommt es nicht selten in Hoffnung auf Anerkennung in der Gemeinschaft dazu, dass sie ausgenutzt oder benutzt werden.
- Überdurchschnittlich häufig erleben die betroffenen Frauen ihre Umwelt hochsensibel. Sie sind meist schon als kleines Kind reizoffen, kriegen alles mit, was um sie herum passiert, nehmen mit jedem Sinn gleichzeitig auf, so scheint es. Häufig erinnern sich Eltern oder Bezugspersonen an deutlich ausgeprägtes Eigenstimulationsverhalten, also zum Beispiel Haaredrehen, Fingernägelkauen oder Ähnliches.
- Das Bedürfnis nach Ordnung und Harmonie ist meist deutlich stärker ausgeprägt als bei Jungen und Männern mit ADHS, auch wenn es den weiblichen Betroffenen oft nicht gelingen mag, diese Ordnung und Harmonie in ihrem Leben herzustellen, so sehr sie sich auch abmühen.
- Durch die ausgeprägten Konzentrations- und Aufmerksamkeitsschwierigkeiten enstehen Vergesslichkeit und Organisationsprobleme, negatives, manchmal abwertendes Feedback vom Umfeld tritt wiederholt auf. So kommt es häufig zu Verweiflung und Hilflosigkeit, totaler Enttäuschung über sich selbst, vor allem wenn das enge Bezugsfeld den Betroffenen dauerhaft spiegelt, sie müssen sich "einfach mehr anstrengen" oder "sollen sich nicht so anstellen".
- als Erwachsene müssen betroffene Frauen sich nicht selten anhören, sie sollten besser "ihre Stimmungsschwankungen in den Griff kriegen" oder "nicht so sensibel überreagieren". Dass dies mit der ausgeprägten Affektlabilität, die häufig mit der ADHS einhergeht, nicht so einfach abzustellen ist, und die emotionale Achterbahn für sie selbst erschöpfend und anstregend ist, wird meist nicht erkannt - oder anerkannt. Als traurige Konsequenz daraus entsteht bei Frauen ein massiver Selbstwertverlust.
- So trägt sich die ADHS sehr häufig unerkannt bis ins Erwachsenenalter hinein - und - wird auch dann nur als adulte ADHS-Form diagnostiziert, wenn die diagnostizierende Fachperson den besonderen Wahrnehmungs- und Reaktionsstil der sich bei weiblichen ADHS Betroffenen zeigt, gut kennt. Denn: Frauen sind oft wahre Meisterinnen der Performance, des Perfektionismus und der Kompensation. Nicht selten schildern sie sehr souverän wirkend und lächelnd abwinkend bei der Hausärztin die Beschwerden als "gar nicht sooo schlimm". Von Freunden und Familienmitgliedern werden sie häufig als durchsetzungsfähig und voller Power beschrieben, was mit mentaler Gesundheit gleichgesetzt und hohen Anforderungen und Erwartungshaltung an sie belegt wird. Ich sehe viele ADHS betroffene Frauen, die an der Erschöpfungsgrenze leben und arbeiten, und die nicht selten mit einen Burnout zu mir kommen.
- Erwachsenen-ADHS äußert sich sehr unterschiedlich, so kann beispielweise auch erlebt werden, dass man nie zur Ruhe kommt, nie entspannen kann. Wer gerade nicht "auf dem Sprung" ist, noch etwas zu erledigen hat, sucht sich etwas, das es noch zu tun gibt. Ruhepausen können nicht als angenehm erlebt werden, die innere Unruhe wird als "Getriebensein" als sehr unangenehm und manchmal auch quälend erlebt. Schlafstörungen können mitunter die Folge sein. Dieser Stress überlastet das zentrale Nervensystem dauerhaft.
- das Risiko für begleitende psychische Erkrankungen wie Abhängigkeitserkrankungen, Depressionen, Angststörungen und Essstörungen gilt als erhöht.
Das Verständnis der geschlechtsspezifischen Unterschiede bei ADHS ist entscheidend für eine frühzeitige und angemessene Diagnose und Behandlung.